Säugetier-Augen unter Wasser

von van der Pol | WuM | Hannover | 4. Februar 1997

Dr. Bert A.E. van der Pol
Vortrag am 4.2.1997 in der „Alten Apotheke“

Zusammenfassung

Dr. van der Pol präsentiert Augen von Pottwalen, Schweinswalen und Seehunden in einer stereoskopischen Technik. An die Besucher des Vortrages werden Brillen ausgeliehen, die es ermöglichen, „in das Objekt einzusteigen“. Diese Bildtechnik hat einen didaktischen Wert, der nicht nur unsere Anatomen und Augenheilkundler interessieren sollte.

Die Meeressäugetiere besitzen Augen mit Merkmalen des Landsäugerauges, aber auch mit Anpassungen für das Sehen unter Wasser, wie sie unter anderem im Teleostenauge angetroffen werden.

Es handelt sich hier um eine evolulotionäre Anpassung der ins Meer zurückgekehrten Tiere an die marinen Lebensumstände. Typische Merkmale des „Unter-Wasser-Auges“ sind die extrem flache Hornhaut und die kugelrunde Linse.

Die Wale sind visuell besser an das Leben ins Wasser adaptiert als die Robben und haben das optische Problem der retinalen Bildschärfe in zwei optisch verschiedenen Medien effizienter gelöst als die Robben.

Makroanatomische Präparate sind mittels Stereofotografie sehr schön zu dokumentieren. Von allen Augen, die wir unter dem Präpariermikroskop untersuchen, werden Stereoaufnahmen gemacht. Einige Strukturen und besonders der Glaskörper, der auf den ersten Blick mehr oder weniger homogen erscheint, geben ihre Geheimnisse preis, wenn man Färbetechniken anwendet. So fanden wir im Glaskörper anatomische Hinweise auf die Existenz von zwei Zentralarealen in der Retina.

Über die Refraktion, den Visus und das Farbesehen der Meeressäuger wird im beschränkten Kreis munter diskutiert und theoretisiert. Im Allgemeinen dürfte man annehmen, daß das visuelle System nicht der primäre Sinn der Meeressäuger ist. Die allometrischen Verhältnisse weisen auch in diese Richtung. Wir gewinnen aus der Literatur den Eindruck, daß der Gesichtssinn für das Sozialverhaltenn der Tiere durchaus von Bedeutung ist.

Abgesehen von den Inia-Arten haben die meisten Meeressäugetiere immerhin ein adäquat funktionierendes visuelles System.

Literaturempfehlungen

WALLS, G. L. (1967)
The Vertebrate Eye and ist Adaptive Radiation (facsimile of 1942).
Hafner Publishing Company.DUKE-ELDER, SIR S. (1970)
System of Ophtalmology. Volume I: The Eye in Evolution.
Kimpton

DAWSON, W. W. (1980)
The Cetacean Eye
In:HERMAN, L. M. (ed.): Cetacean Behaviour. Mechanisms and Functions.
John Wiley & Sons.

REINOUF, D. (ed.) (1980)
The Behaviour of Pinnipeds.
Chapman and Hall, 1991

? (1992)
Peak density, Size and Regional Distribution of Ganglion Cells in the Retina of the Fur Seal (Callorhinus ursinus)
In: THOMAS, J. A., R. A. KASTELEIN. u. A. Y. SUPIN(eds.): Marine Mammal Sensory Systems.
Plenum Press.

KRÖGER, R. u. K. KIRSCHFELD (1992)
The Cornea as an Optical Element in the Cetacean Eye
In: THOMAS, J. A., R. A. KASTELEIN. u. A. Y. SUPIN(eds.): Marine Mammal Sensory Systems.
Plenum Press.

MASS, A. M. u. A. Y. SUPIN (1995)
Retinal Resolution in the Bottlenose Dolphin (Tursiops truncatus).
In: KASTELEIN, R. A., J. A THOMAS. u. P. A. NACHTIGALL(eds.): Sensory Systems of Aquatic Mammals.
De Spil Publishers.

VAN DER POL, B. A. E., J. G. F. WORST u. P. VAN ANDEL (1995)
Macro-anatomical Apects of the Cetacean Eye and ist Imaging System.
In: KASTELEIN, R. A., J. A THOMAS. u. P. A. NACHTIGALL(eds.): Sensory Systems of Aquatic Mammals.
De Spil Publishers.

 

Bert A.E. van der Pol

Bert van der Pol spaziert über einen Pottwal auf dem Weg zum AugeBert A. E. van der Pol ist am 16. März 1950 in Zutphen, Niederlande, geboren worden. Nach dem Schulabschluß ist er von 1968 bis 1974 an der Reichsuniversität in Groningen zum Arzt ausgebildet worden.
Anschließend arbeitete er als Militärarzt in der Abteilung Augenheilkunde des Militärkrankenhauses Utrecht. In der Zeit von 1976 bis 1980 ist Bert van der Pol in der Universitätsklinik Groningen ophtalmologisch ausgebildet worden. Dabei hat ihn speziell die Kinderaugenheilkunde und die Neuroophtalmologie interessiert.

Seit 1980 arbeitet er in einer eigenen Praxis, zuerst in Leeuwarden und ab 1993 in Groningen und Stadskanal. Seit Ende der 80er Jahre ist er Mitarbeiter des Seal Rehabilitation and Research Center Pieterburen.

Seine Publikationen beschäftigen sich mit Blindheitsursachen bei Kindern, der Glaukombehandlung, Implantation von Intraokularlinsen bei Kindern, Vertikalen Vergenzen, Tränendrüsenfisteln, anäroben Infektionen im Auge und Aspekten der Meeressäugeraugen.

Seine speziellen Interessen sind die vergleichende Augenheilkunde, die Tierwelt insbesondere die Meeressäugetiere und die Keltische Musik (active piper).

Sein Zukunftstraum ist eine grüne Welt für unsere Kinder.